Melde mich gerade aus einer kleinen Koje in der Jugendherrberge Bremen und blicke erschöpft und glücklich zurück auf einen Tag voller absoluter Fehleinschätzungen.
Zusammenfassung der heutigen Tour:
Tourdaten: Hamburg Harburg - Bremen
Gefahrene Strecke: 125,06 km
Benötigte Zeit: 9h 2m
Durchschnittsgeschwindigkeit: 13,84 km/h
Schmerzskalen (1 = so lala ; 10 = ach du verdammte sch****)
Schmerzen im Hintern: 5
Schmerzen in der Oberschenkelmuskulatur: 6
Schmerzen im Schulternbereich: 1
Begonnen hat alles mit einem Morgen, an dem ich eigentlich hoffte, bei frühlingshaften Temperaturen zu starten. Allerdings endete diese Vorstellung abrupt mit dem Fallen kleiner gefrorener Wasserkristallen in Hamburg. Doch was ein Mann ist, dem können auch Temperaturen nichts anhaben - Schließlich ist man(n) ja "verpackt" (T-Shirt, Thermoshirt, Fleece-Jacke, Mantel und später noch die Regenjacke)! Pustekuchen - viel kälter kann man sowas gar nicht empfinden.
Zu dem ersten tollen Eindruck der ersten Tagestour gesellte sich bald die laut Internetangaben "leichte Steigung zu Beginn", die sich für einen ungeübten Fahrer durchaus
als Herausforderung entpuppen sollte - Zumal ich diese Steigung nicht nur einmal, sondern aufgrund der schlechten Beschilderung, gleich zweimal herauffahren durfte. Die weitere Tour war eine Tortour. Generell habe ich nichts gegen landwirtschaftliche Betriebe, aber Niedersachen scheint nur aus Solchen zu bestehen. Jedoch scheinen es die Landwirte für nicht besonders wichtig zu halten auch mal einen gepflegten Einkauf zu machen. Erst in Dorf 5 gab es einen Bäcker, dessen Auswahl nur ein Schatten seiner selbst war und erst in Dorf nur 17 (!!!) gab es eine Art EDEKA, der von mir sogleich komplett der Süßigkeiten beraubt wurde, die ich ohne große Hast vernichtete (könnte ja schlecht/nass werden).
Statt des prognostizierten Rückenwindes kämpfte ich über die gesamte Fahrzeit mit einem bissigen, eisigen und frontalen Wind! Zudem kommt, dass die angekündigten Frühlingstemperaturen offenbar noch ein paar Tage auf sich warten lassen. Schlussendlich kam erschwerend hinzu, dass die Route von Hamburg nach Bremen in 3 Versionen vorkommt:
1. In der Version des Internetauftritts (mit mal vorhandenen und auch wieder nicht vorhandenen Schildern)
2. In der Version meines TomToms, das übrigens witterungsbedingt heute seinen Geist aufgab!
3. In der Version der (Gott sei Dank) im Vorfeld besorgten Straßenkarten
Schlussendlich habe ich mich dann auf Erstes verlassen und bin den "Beschilderungen" gefolgt - soweit man sie erkennen konnte. Allerdings gab diese Route dem nach fast 110 km völlig entnervten und am Ende seiner Kräfte befindlichen Radfahrer noch eine Geduldsprobe auf. Bremen kommt einfach nicht. Man(n) fährt über knapp 30km in einem mehrere Quadratkilometer großem Naturschutzgebiet ohne auch nur im Geringsten eine Turmspitze oder ein Hochhaus zu sehen - Hinzu kommt, dass die Straße kerzengerade im Nirgendwo endet. Geplagt von eisigem Wind, der sich in der mit Feuchtigkeit getränkten Jacke fängt und kontinuierlich jedes Bisschen Energie verschlingt gab es bei Kilometer 113 kein Halten mehr. Ich blieb stehen, stieg ab, und (entschuldigt bitte den Audruck) kotze mich verbal lautstark mal richitg aus (war ja sonst keiner da) und trat mehrere ahnungslose und vollkommen unschuldige Steine in die landschaftliche Einöde (für Vogelliebhaber scheint dieser Ort allerdings ein Paradies zu sein - Alle paar Meter steht ein Beobachtungspunkt und soviele verschiedene Viecher wie da rumflogen, standen oder piepten habe ich noch nie gesehen).
Schlussendlich nahm ich mir den letzten Corny-Riegel, der eigentlich für Notfälle gedacht war, aus der Tasche, steckte ihn in einer großen Bewegung vollständig in den Mund, atmete tief durch und fuhr weiter. Erst nach einer halben Unendlichkeit erschienen vereinzelt kleine Häuser an den Seiten, dann Straßenschilder, Gehwege und plötzlich die Wegweiser des ADFC (hinweisend in alle Himmelsrichtungen) - Mein Gott, was für Strapazen!
Hofffe insgeheim nur, dass morgen besseres Wetter und eine bessere Route ist - Freue mich aber schon (da gibt's nämlich die westliche Brückentour - Man(n) darf also gespannt sein).
Bis dahin, Gute Nacht
Ist spannend zu lesen - auf der gemütlichen Couch ;-) Viel Energie und Kraft für den weiteren Weg wünscht einer, der auch bei Schnee Sonnenliegen anbietet
AntwortenLöschenAhoi Tobi,
AntwortenLöschendas mit dem Wetter und den elendslangen Straßen mitten in der relativ öden Pampa des Nordens, hätte ich Dir gleich sagen können. Trotzdem finde ich es klasse, dass Du durchgehalten hast.
Je weiter Du gen Süden vordringen wirst, wird Dich die Sonne zunehmend verwöhnen. Gegen Ende wartet aber voraussichtlich Regen auf Dich, doch komm Du erst mal bis nach Freiburg, dann jucken Dich die paar Tropfen auch nicht mehr. Schlimmer als heute kann es eigentlich nicht werden, höchstens "alpiner".
Ich kann Dir nur einen guten Rat geben: Alle 30 Min. etwas essen und trinken, damit der Motor nicht schlapp macht. Wenn Du Dir einmal einen Hungerast eingefangen hast, dann wartet die Hölle auf Dich.
Viel Glück für morgen.